5 Fragen an

Nicholas Müller.

Wegen einer Angststörung zog sich Nicholas Müller, die Stimme von Jupiter Jones, aus der Öffentlichkeit zurück. Jetzt ist er wieder da und spricht ganz offen über seine Krankheit.

Wie lange leidest du schon unter der Angst, wann fing es an?
Nun schon seit über zehn Jahren, wobei sie nur noch sehr selten auftaucht. Ich kann sagen, dass ich mittlerweile nicht mehr von einem Leiden sprechen muss. Die Angst ist eher zu einem Begleiter geworden, den ich manchmal hasse, aber der mir auch eine Menge beigebracht hat. Zum Beispiel wie ein Leben in Achtsamkeit aussieht. Wie man wahrnimmt, was wichtig ist und was nicht und wann man auf die Bremse treten sollte. Das hätte ich gerne anders und friedlicher gelernt, aber dass Angst durchaus ihren Sinn hat, das kann ich nicht verleugnen.

Wie hat die Angst dein Leben beeinflusst?
Lange Zeit so, dass ich gar nicht mehr in der Lage war, überhaupt ein normales Leben zu führen. Ich musste irgendwann zurück in mein Elternhaus ziehen, weil der Alltag ohne Unterstützung unmöglich wurde. Auch meinen Beruf als Musiker hat das direkt beeinflusst. Auftritte wurden zur Unmöglichkeit. Daher habe ich irgendwann beschlossen, dort einen Cut zu machen und eine strikte Pause einzulegen, um zurück zu mir selbst zu finden. Ich habe dann festgestellt, dass es bei mir selbst gar nicht mal so schlecht ist. Das war der Moment, in dem ich das Leben wieder schätzen konnte.

Wie fühlt sich so eine Attacke an? Kann man das beschreiben?
Kann man und irgendwie doch wieder nicht. Man hat Todesangst. Ich habe keine Erfahrung, wie sich „echtes“ Sterben anfühlt. Aber ich denke, das Gefühl bei einer Panikattacke ist dem nicht unähnlich. Der Körper pumpt alles an Energie heraus, was vorhanden ist: Schweißausbrüche, Schwindel, Herzrasen, ein Gefühl der Unwirklichkeit und die blanke Angst, dass jeder Moment der Letzte sein könnte. Um wirklich verstehen zu können, was passiert, muss man es erlebt haben. Das wünsche ich allerdings nicht einmal meinem ärgsten Feind. Es ist ein widerliches Gefühl. Es macht dich ganz schön fertig und müde.

Wann kam der Punkt, an dem du wusstest, du bekommst es allein nicht in den Griff?
Als alltägliche Dinge zu schier unüberwindlichen Vorhaben wurden. Selbst ein Besuch im Supermarkt oder einfach der Gang auf die Straße wurden zu Aufgaben, die ich entweder lassen oder minutiös durchplanen musste. Wohin kann ich flüchten? Wie rufe ich am besten und schnellsten nach Hilfe? Da wurde irgendwann jeder wache Moment zur Aufgabe. Ab da war klar, dass ich das alleine niemals schaffen könnte.

Wie ging es dann weiter? Wie ging es wieder bergauf?
Ab dem Zeitpunkt, an dem ich mich im Rahmen einer Verhaltenstherapie der ganzen Sache stellte. Ich habe gelernt, dass es nicht reicht, wenn man weiß, was man hat, sondern auch aktiv dagegen vorgehen muss. Das hieß streckenweise auch, dass ich es einfach aushalten musste. Die Angst kommen und wirken lassen, um zu lernen, dass sie mich nicht umbringen wird. Im Gegenzug scheint die Angst dann gelernt zu haben, dass man mit mir nicht alles machen kann und hat sich Schritt für Schritt verabschiedet. Das ging nicht von jetzt auf gleich, war aber jede Sekunde wert.