Forschung

Der Angst auf der Spur.

Wo sitzt die Angst in unserem Kopf? Ein Forscherteam aus München hat herausgefunden, welcher Zelltyp im Gehirn für die Entstehung von Angst entscheidend ist.

Angst ist ein völlig normales Gefühl. Sie hat eine wichtige Schutzfunktion, weil sie uns auf Gefahren hinweist – so dass wir zum Beispiel dem Feuer nicht zu nahe kommen oder uns auf einem steilen Weg am Geländer festhalten. Angst kann aber auch krank machen, nämlich wenn sie zu übertriebenen, unrealistischen und auch grundlosen Reaktionen mit heftigen psychischen und körperlichen Symptomen führt. Rund 20 Prozent der Bevölkerung erkranken irgendwann in ihrem Leben an einer solchen krankhaften Angststörung. Sehr häufig ist eine erhöhte Ängstlichkeit auch Begleiterscheinung anderer psychischen Erkrankungen. So haben 60 bis 70 Prozent aller Menschen, die an einer Depression leiden, auch Probleme mit vermehrter Angst.

Was hat Angst mit Stress zu tun?
Die Wissenschaft weiß heute, in welchen Hirnregionen die Angst sitzt, etwa in der Amygdala, dem sogenannten Mandelkern. Erwiesen ist auch, dass Stress Angst erhöhen kann. Diese Erkenntnis ist insofern wichtig, weil viele psychische Erkrankungen, die mit verstärkter Angst einhergehen, ebenfalls stressbedingt sind. Was bisher jedoch völlig unbekannt war: Sind auch bestimmte Zelltypen für ein verstärkte Ängstlichkeit verantwortlich?

Forscher des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München haben sich mit genau dieser Frage beschäftigt – und kamen zu bahnbrechenden Erkenntnissen, die neue Ansatzpunkte für die Behandlung von Angststörungen liefert. Um zu verstehen, was sie herausgefunden haben, braucht es einen wachen Kopf: Nervenzellen sind mit einer Art Empfänger ausgestattet, dem sogenannten Glucocorticoidrezeptor, der für die Aufnahme des Stresshormons Cortisol zuständig ist. Zwei Arten von Nervenzellen sind hier relevant: Die einen, die den Botenstoff Glutamat bilden, wirken angsterregend. Die anderen Nervenzellen mit dem Botenstoff GABA hemmen hingegen die Angst.

Wie lief die Studie ab?
In ihren Untersuchungen schalteten die Wissenschaftler den Rezeptor entweder nur in den erregenden Zellen oder in den hemmenden Zellen aus. Resultat: Mäuse, in denen der Rezeptor der erregenden Zellen ausgeschaltet war, zeigten deutlich weniger Angst. In einem zweiten Schritt betrachteten die Forscher die Amygdala. Hier konnten die Ergebnisse noch weiter aufgeschlüsselt werden und eine Funktion des Glucocorticoidrezeptors speziell auf das Furchtgedächtnis nachgewiesen werden.

Klingt kompliziert, ist kompliziert. Doch durch ihren Versuch können die Forscher die Effekte von stressbedingter Angst und Furcht jetzt unterschiedlichen Hirnregionen zuordnen. Dadurch ergeben sich wertevolle Hinweise für die Therapie, von denen Menschen mit Angststörungen in Zukunft hoffentlich profitieren können.

Überrascht, dass Psychiater nicht bloß quatschen, sondern auch in der Forschung echt was drauf haben? Wie spannend und abwechslungsreich der Beruf ist, erfährst du unter Berufsbild. Die Details zur Studie findest du beim Max-Planck-Institut für Psychiatrie.